Donnerstag, 26. Juli 2012

14) Straßen in und um Mühlhausen - Teil 6 -

 Im zwanzigsten Jahrhundert ...

hatte die Kreisstadt Mühlhausen eine wechselvolle Geschichte und auch in den Straßen in und um Mühlhausen ist diese Entwicklung erkennbar.

Mühlhausen um 1910
Anfang des Jahrhunderts  waren im Pharus-Stadtplan mehrere neue Straßen verzeichnet, die aber erst später bebaut wurden.. ; wie die Altenburgstraße, der Philosophenweg und der Böhntalsweg und die Wendewehr Straße. Den bisherigen Ebeleber Nebenbahnhof gab es noch (er verschwand 1911) aber die Wendewehrkaserne und die Mackensenstraße dorthin noch nicht.
Die Feldwege vor der Stadt hatten jetzt die neue Wegeführung, die nach der Separation von 1874 entstanden war.


Bahnhofsplatz um 1900
Von besonderer Bedeutung für die Entwicklung der Stadt und ihrer Straßen war der Bau der Eisenbahn Gotha - Leinefelde im Jahre 1870 und durch die Ebeleber-Eisenbahn im Jahre 1897 und die Bahn nach Treffurt im Jahre 1911, wurde Mühlhausen zum Eisenbahnknotenpunkt und der Bahnhof zum Ziel mehrerer neuer Straßen, die sternförmig zum Bahnhofsplatz verliefen.

Augustastraße um 1900
Als eine der ersten Straßen des neuen Bahnhofviertels wurde die Augustastraße fertiggestellt, durch die ab 1898 auch die neue Unterstadtlinie der mühlhäuser Straßenbahn führte.
Weitere Straßen - die meist nach Repräsentanten der Hohenzollern benannt wurden - folgten, wie die Friedrichstraße, Wilhelmstraße, Karlstraße, Viktoriastraße u.a.




Steinweg um 1905
Auch die Straßen der Innenstadt erhielten jetzt ein neues Aussehen.
Ab 1901 fuhr die Straßenbahn der Oberstadtlinie über den Steinweg, auf dem jetzt Geschäft an Geschäft entstand.
Immer mehr Gaslaternen wurden jetzt durch die neuen elektrischen Straßenlaternen abgelöst und in fast allen Straßen der Stadt standen bald die Leitungsmasten des neuen städtischen Elektrizitätswerkes.


Anzeige um 1910
.. Und noch etwas Neues gab es jetzt immer mehr..
.. Das Automobil eroberte die Straßen in und um Mühlhausen.
Noch war das Auto allerdings ein Vorrecht der begüterten Bürger und die Autodroschken konnten sich auch nicht alle leisten.
Aber der Fortschritt ließ sich nicht aufhalten und bald entstanden an den wichtigsten Straßen die ersten Tankstellen.
Noch war allerdings damals der Pferdewagen das wichtigste Verkehrsmittel, ob als Brauereiwagen.., als Möbel- oder Tafelwagen.. oder auch als einfacher Kasten- bzw. Leiterwagen, überall war der Pferdewagen noch vorherrschend und mancher der mühlhäuser Stadtbauern fuhr auch noch mit dem Ochsengespann aufs Feld vor der Stadt.

Na.. und wer es sich leisten konnte, fuhr auch schon mal mit der Kutsche ins Grüne.

Brücke zur Wendewehrkaserne um 1914
1914 war an der Wendewehrstraße die neue Wendewehrkaserne entstanden, zu der die neue Mackensenstraße von der Feldstraße her über die neue Unstrutbrücke führte.
Vorher war die Chemiefabrik von Bühner und Sohn, die einzige Bebauung an der Wendewehrstraße gewesen. Die übrige Bebauung in der Nähe der Ammerbrücke entstand dann erst in den zwanziger Jahren.



Weinbergstraße um 1920
Immer mehr Straßen der Stadt wuchsen jetzt über die alte Vorstadtgrenze hinaus. So wie die Wanfrieder Straße, die Weinbergstraße, die Mittelstraße, Tonbergstraße und andere mehr.
Während bisher in zahlreichen Vorstadtstraßen die Miethäuser mit Arbeiterwohnungen vorherrschten, gab es jetzt auch Straßen mit prächtigen Fabrikantenvillen, wie z.B. am Kiliansgraben, in der Viktoriastraße oder in der oberen Johannisstraße.
Besonders in den Vorstädten gehörte aber meist auch noch ein Stück Garten zum Grundstück und mancher hielt sich hier noch ein paar Kaninchen, ein paar Hühner oder sogar ein oder zwei Schweine.


Schmudesiedlung um 1925
In den zwanziger Jahren entstanden dann vorwiegend im Norden der Stadt neue Stadtrandsiedlungen.
Zuerst die Schmudesiedlung westlich der Windeberger Landstraße und dann auch die Sachsensiedlung westlich der Ammerschen Landstraße. Die preisgünstigen Siedlungshäuser hatten alle ein Stück Garten dabei, um so eine gewisse Eigenversorgung zu sichern und Kleinvieh wurde natürlich auch gehalten.



Nühlhausen um 1935
Die Umgebungskarte von Mühlhausen aus dem Jahre 1936 zeigt weitere Veränderungen im Straßennetz der Stadt.
Im Westen die Landesheilanstalt Pfafferode mit dem Pflegerdorf, im Norden die Sachsensiedlung und die Schmudesiedlung, im Osten die neuen Straßen am Schadeberg und im Süden die Neubauten am Philosophen- und Goetheweg.
Praktisch unverändert  war lediglich die Innenstadt geblieben, wo allerdings die innere Stadtmauer einige Durchbrüche hinnehmen mußte.

Steinweg um 1935
Dann kam mit dem "Dritten Reich" die Zeit der Straßenumbenennungen.. Aus dem Steinweg wurde die Hindenburg straße und zahlreiche weitere Straßen wurden nach Nazi-Größen benannt und bald sah man immer mehr Uniformen auf den Straßen der Stadt.
In und vor der Stadt entstanden neue Rüstungsbetriebe, zu denen neue Straßen angelegt wurden. Für den Gerätebau entstanden dann  auch die Weinbergsiedlung und die Gebäude am Eichenweg. Die Sachsensiedlung wurde durch weitere Straßen mit den "Volkswohnungen" im Norden ergänzt.

Windeberger Landstraß um 1936
An der Windeberger Landstraße entstand 1936 die General-Fuchs-Kaserne des Infanterie-Regimentes Nr.86 und zwei Jahre später an der Görmarschen Landstraße die Görmarkaserne des Artillerie-Regimentes Nr.65.
Im zweiten Weltkrieg versanken dann die Straßen nachts im dunkeln, die Straßenbeleuchtung wurde abgeschaltet und für Gebäude und Fahrzeuge herrschte die Verdunkelungspflicht.
Nur wenige Straßen erlitten allerdings größere Schäden durch Bombenabwürfe.


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US-Panzer vvor Mühlhausen - 1945 -
Im April 1945 fuhren dann die US-Panzer und lange Fahrzeugkollonen über die Straßen in und um Mühlhausen.
Auch hier entstanden bei der fast kampflosen Einnahme der Stadt nur wenige Schäden in den Straßen.

In Struht, nur wenige Kilometer von der Stadt entfernt, war es allerdings zu größeren Kämpfen gekommen und das halbe Dorf wurde bei einem deutschen Gegenangriff zerstört.


.. die gesprengte Wagenstedter Brücke ..
Noch vor dem Einmarsch der Amerikaner waren die Wagenstedter Brücke und die Eisenbahnbrücke über die Unstrut gesprengt worden und auch die Ammerbrücke und die beiden Brücken in Ammern sollten gesprengt werden.
Mit Behelfsbrücken wurde der Verkehr dann aber auch hier wieder gesichert, so daß nicht nur der Kfz-Verkehr, sondern auch der Eisenbahn-Verkehr bald wieder rollen konnte.
Ab Juli 1945 rollten aber dann erst mal die Lkw´s und Panjewagen der Roten Armee über unsere Straßen..., Mühlhausen gehörte jetzt zur "SBZ"


Wohnungsbau um 1950
Da es in der Stadt durch den Krieg relativ wenig Zerstörungen gab, setzte der Wohnungsbau und der Bau neuer Straßen hier erst in den fünfziger Jahren ein. Zuerst in der Luther- und Rodemannstraße und dann am Birkenweg und ab Mitte der fünfziger Jahre auch im Neubaugebiet Forstberg.
Hier entstanden jetzt auch neue Straßen, wie der Aktivistenring, die Straße der Neuerer und die Straße der sozialistischen Gemeinschaft.
Überhaupt gab es jetzt viele neue Straßennamen.., denn alte Namen aus der Kaiser- und Nazizeit wurden durch neue sozialistische Namen ersetzt.



Landkreis Mühlhausem um 1950
Der Landkreis Mühlhausen hatte sich zwar seit über einhundert Jahren nicht wesentlich verändert, aber eine wesentliche Veränderung hatte sich seit 1945 ergeben...; Mühlhausen war jetzt Grenzkreis und es dauerte nicht lange und die Straßen nach Westen wurden gesperrt. Erst nur mit Posten und Schlagbaum.., dann mit der 5-Kilometer-Sperrzone mit Stacheldrahtzaun und Minenstreifen.
Während also die Fernstraße  F 247 von Worbis bis Meinigen noch befahrbar war, war für die frühere F 249 von Sondershausen nach Eschwege an der Grenze das Ende erreicht.


Steinweg um 1955
Eigentlich veränderten die Straßen der Innenstadt in den fünfziger und sechziger Jahren ihr Aussehen nur wenig. Allerdings gingen auch am Steinweg immer mehr Geschäfte an die HO oder den Konsum, aber auch zahlreiche Kommishändler gab es noch.
In den sechziger Jahren kam dann das Ende der Straßenbahn..., erst 1968 mit dem Wegfall der Oberstadtlinie und dann 1969 mit der Einstellung des gesammten Straßenbahnverkehrs. Der Verkehr wurde jetzt von den neuen Omnibuslinien des VEB Kraftverkehr übernommen.

Stadtplan um 1959
Der Stadtplan von 1959 zeigte wieder ein neues Stadtbild..
Einige Straßen waren hinzu gekommen, andere hatten neue Straßennamen bekommen und in den Straßen waren für die Eckgrundstücke die Hausnummern angegeben.. (eine Neuerung, die aber auf den nachfolgenden Stadtplänen wieder weg fiel..)
Der Stadtpark am Rieseninger hieß jetzt Thomas-Müntzer-Park und der Schützenberg = Volksgarten .. und sogar den Alten Friedhof gab es noch.. (.. aber nicht mehr lange ..)




Ammerbrücke um 1960
Die "alte" Ammerbrücke, die 1904 als Stahlbogenträgerbrücke die noch ältere Steinbogenbrücke abgelöst hatte, wurde 1961 durch eine breitere Stahlbetonbrücke ersetzt.
Einige Jahre später sollte dann die Ammersche Landstraße und die Wendewehrstraße vierspurig ausgebaut werden, aber es blieb dann erst einmal bei Teillösungen.






Lutterothstraße um 1960
Die ersten Wohnblocks im Neubaugebiet Forstberg waren noch wie hier die Wohnblocks in der Lutterothstraße traditionell - Stein auf Stein - errichtet worden. Aber in den Folgejahren entstanden dann auch hier die Neubaublocks in der neuen Großplattenbauweise.. und nach den neuen Straßen um Aktivistenring und Forstbergstraße, kamen dann noch die Neubauten der Windeberger Straße/West, so daß hier bis 1976 insgesamt über 1.900 Wohnungen entstanden.


Plan für WG Feldstraße - 1975 -
Im Neubaugebiet Feldstraße (.. hier das Modell aus dem Jahre 1975 ..) sollten in stadtnähe über 2.000 neue Wohnungen, mit Schule, Kiko, Kaufhalle usw. geschaffen werden.
Zwar wich dann die Ausführung vom Ursprungsplan etwas ab, aber es waren wieder tausende neuer Wohnungen "für die Werktätigen" gebaut worden.. (.. während allerdings die Altstadt, besonders in den kleinen Gassen immer mehr verfiel ..)



Mühlhausen um 1985
Der neue Umgebungsplan von 1985 zeigt eine gewachsene Stadt, in deren Umgebung immer mehr Obstplantagen entstanden waren. Viele alte Feldwege mußten in dieser Zeit den neuen Großflächen weichen.
Neben den Neubaugebieten Forstberg/Windeberger Straße und dem Wohngebiet Feldstraße, waren weitere Neubauviertel realisiert bzw. vorgesehen. So an der Aue, in der Ballongasse, im Jakobiviertel usw.
Das größte geplante Neubaugebiet an der Trift blieb dann allerdings ein Papiertiger..., die Wende machte dann auch diesen Plänen ein Ende.

1989 - die Grenze ist auf ..!!
Tja... und dann kam sie wirklich...., die Wende..!!
Auf der F 249 konnte man ab November 1989 wieder bis nach Eschwege und weiter fahren. Es dauerte dann nicht lange und die maroden Fern- und Innenstadtstraßen wurden modernisiert.
Mühlhausen lag jetzt nicht mehr in Grenznähe..., sondern mitten in Deutschland..!!






Steinweg um 1990
Um 1990 hatte der Steinweg noch fast das Aussehen wie am Ende der DDR-Zeit. HO und Konsum verwanden dann aber gnaz schnell und wurden anfangs nur zögerlich durch neue Geschäfte ersetzt.
Auch in den Randbezirken verschwanden immer mehr Betriebe und im neuen Gewerbegebiet an der Trift konnten nur wenige der tausenden Arbeitslosen eine neue Beschäftigung finden.
Aber es entstanden auch besonders in den Randgebieten neue Straßen mit neuen Wohnbauten, oft als moderne Eigenheime.
Überwiegend am Stadtrand entstanden zahlreiche neue Handelseinrichtungen, Autohäuser und Tankstellen, während es in der Innenstadt nur wenige neue Großobjekte gab.

Die neue Burggalerie, die in Innenstadtnähe auf dem Gelände der ehemaligen Reichsburg entstand, zeigte aber, daß auch hier entsprechendes entstehen kann.
neue Kreuzung Bastmarkt / Brunnenstraße
Neu entstanden waren u.a. auch die Kreuzungsbereiche Kiliansgraben / Kreuzgraben, sowie Langensalzaer Straße / Brunnenstraße und Bastmarkt / Brunnenstraße und der neue Kreisel vor der Wagenstedter Brücke bedeutet eine wesentliche Verbesserung der Verkehrsführung in diesem Bereich.
Wenn dann noch die geplante Stadtumgehung der B 247 kommt, dürften weitere Verkehrsprobleme, auch in den umliegenden Dörfern - wie Großengottern und Höngeda - gelöst werden.


Blick über die Stadt um 2010
Straßen in und um Mühlhausen..
.. von den Anfängen im Mittelalter bis zu den Straßen unserer Zeit, .. immer waren die Straßen auch ein Spiegelbild der Geschichte unserer Stadt.

In den folgenden Beiträgen sollen dann wieder einzelne Straßen, Gassen und Plätze unserer Stadt vorgestellt werden, denn in vielen Straßen läßt sich die Geschichte der Stadt eindrucksvoll nachvollziehen.

Übrigens..., eine Zusammenfassung der Artikel dieses Blogs wird es im Beitrag Nr. 1 geben .., eine Zusammenfassung, die dann laufend ergänzt werden soll.


Montag, 23. Juli 2012

13) Straßen in und um Mühlhausen - Teil 5 -

Mühlhausen laut Altenburg
 Die Straßen der Stadt im 19. Jahrhundert ..

.. waren Anfangs noch nahezu unverändert, wie der Stadtplan in Altenburgs topographisch-historischer Beschreibung der Stadt .. aus dem Jahre 1824 zeigt.
Die Innenstadt hatte noch die selben Straßen und Gassen wie seit hunderten von Jahren.. und auch die Vorstädte bestanden fast nur aus den Ausgangsstraßen
 zu den äußeren Stadttoren. Nur die äußere Stadtmauer, welche die fünf Vorstädte schützte, war Ende des 18. Jahrhundert überwiegend abgebrochen worden.
Mühlhausen war zwar 1802 preußisch geworden, aber war und blieb vorerst immer noch die gemütliche Ackerbürgerstadt. 1829/30 wurden dann auch die ersten Straßenschilder in der Stadt eingeführt, die durchgängige Nummerierung der Häuser aus dem Jahre 1762 wurde aber weiter beibehalten.


Blick vom Schützenberg
Noch auf der bisherigen Trasse verlief damals der alte Hessenweg vom Äußeren Frauentor über den Schützenberg, vorbei an der Dicken Linde und durch die Pfafferöder Höhle über den Tonberg in Richtung Eigenrieden.
Am Schützenberg war jetzt auch der Galgen verschwunden, der in der Zeit der Freien Reichsstadt der Anhöhe im Westen der Stadt ihren Namen gab. 


alte Ammerbrücke
Anfang des 19. Jahrhunderts entstand dann nördlich der Ammerbrücke die neue Chaussee nach Ammern, die dann von 1810 bis 1817 als "Lange-Mark-Chaussee" von Ammern zur Lengefelder Warte und von da nach Dingelstädt weiter geführt wurde.
An der neuen "Kunststraße" nach Heiligenstadt waren Ganz-, Halb- und Viertelmeilen-Säulen (.. preußische Meile = 7,532 km ..) aufgestellt, die leider überwiegend verschwunden sind.
Bald war die alte Landstraße, die von der Hollenbacher Landstraße über Lengefeld zur Lengefelder Warte geführt hatte, in Vergessenheit geraten..



inneres und mittleres Görmartor
 Auch die Stadttore mußten bald der neuen Zeit weichen und so wurde 1822 das mittlere Görmartor und 1850 auch das innere Tor abgebrochen.
1862 verschwand dann auch das Wagenstedter oder Schindertor an der Wagenstedter Brücke und 1867 das Klingentor, wo von hier die Straße nach Görmar führte.




Chaussee nach Langensalza
Während die Chausse nach Langensalza und Gotha bereits Anfang des Jahrhunderts entstanden war, wurde  die neue Landstraße nach Eisenach erst 1847 fertig gestellt.
Damit war auch der Verkehr mit den damals üblichen Postkutschen wesentlich verbessert worden.
Bis nach Gotha waren übrigens auch Meilensteine am Rande der "Kunststraße" aufgestellt worden.
An die alte Trasse nach Gotha über die Erfurter Höhle und vorbei am Katzenturm, erinnerten bald nur noch einige Feldwege und die alten Flurbezeichnungen.


ehem. Eigenrieder Warte
 1835 war mit dem Bau der Wanfrieder Chaussee begonnen worden, welche jetzt den alten Hessenweg über den Schützenberg endgültig ablöste.
Damals stand der Wartturm an der Eigenrieder Warte noch, der aber dann verfiel. Das Grenzhaus wurde schon eine Zeitlang als Forsthaus genutzt.



Blick vom Forstberg
1848 war die Chaussee nach Sondershausen angefangen worden und auch die Landstraße nach Windeberg wurde jetzt befestigt und die Arbeiten 1859 bis 1865 bis Keula weitergeführt.
Sowohl die Landstraße nach Sondershausen, wie auch die Windeberger Landstraße verlief damals überwiegend auf den alten Trassen aus dem Mittelalter.



Dörnaer bzw.Bickenrieder Warte
Auch die alte Straße nach Heiligenstadt über Dörna und Hollenbach war chaussiert worden. Auch hier hatte die Grenzwarte am Landgraben längst ihre Bedeutung verloren.
Das Eichsfeld gehörte ja jetzt, wie der Landkreis Mühlhausen, zum preußischen Regierungsbezirk Erfurt und viele Heimarbeiter aus den Eichsfelddörfern waren auf der Straße nach Mühlhausen unterwegs, wo sie in den neuen Manufakturen Arbeit und Lohn fanden. 

Topografische Karte von 1854
1854 entstand mit dem topographischem Feldoriginal das erste Urmesstischblatt der preußischen Messtischaufnahme, das vom Prem.Lieutenannt im 6ten Ulanen Regiment, von Ritgen, aufgenommen und gezeichnet wurde.
Es war die erste wirklich maßstabsgerechte Karte des mühlhäuser Gebietes im Maßstab 1 : 25.000. Der Ausschnitt zeigt neben einigen neuen Landstraßen auch noch den Verlauf einiger mittelalterlichen Landstraßen, die damals noch als Feldwege vorhandenen waren. Erst mit der Separation im Jahre 1874 erfolgte eine Neuaufteilung der alten Fluren und zahlreiche alte Wege fielen weg.

am ehem.Erfurter Tor
Weggefallen war 1840 auch das innere und mittlere Erfurter Tor, aber erst gegen Ende des 19.Jahrhunderts wurden auch die Wälle und Gräben am Lindenbühl und am Kiliansgraben eingeebnet und die Straßen "chaussiert".
Nach dem Bau der Eisenbahn Gotha - Leinefelde, war hier am früheren Erfurter Tor auch erst einmal der wichtigste Zugang von der Innenstadt zum Bahnhof über die neue Augustastraße.

1886 erfolgte dann der Durchbruch der Stadtmauer von der Görmarstraße zur damaligen Friedrichstraße, um so einen direkten Zugang von der Oberstadt zum Bahnhof zu schaffen.



Wanfrieder Straße mit Straßenbach
Bei Altenburg hieß die Wanfrieder Straße noch ".. die Straße vom Felchtenthore ... bis ans oberste Felchtenthor .."
Das äußere Felchtaer Tor wurde dann 1825 abgebrochen und 1837 folgte das innere und 1838 das mittlere Felchtaer Tor. Ihren heutigen Namen erhielt die Wanfrieder Straße erst 1876, hatte aber damals noch den Straßenbach, der hier vom Popperöder Bach zur Pulvermühle und an der Straße entlang zum Kugelleich führte, wo er dann in der Schwemmnotte mündete.

Chausseehaus Windeberger-/Wagenstedter Straße
1865 war das ehemalige Chausseehaus an der Ecke Windeberger- / Wagenstedter Straße gebaut worden, das 1937 verschwand. Hier wurde von den durchfahrenden Fuhrleuten ein Chausseegeld für die Unterhaltung der Straßen kassiert. (.. die Maut ist also gar keine Erfindung der Neuzeit..)





Steinweg um 1865
Die Straßen der Innenstadt veränderten sich im 19. Jahrhundert nur langsam. Auch am Steinweg, wo der Straßenbach floss und die Brunnen standen, wo gegenüber der Brotlaube noch das Fleischhaus stand, entstanden erst nach und nach die Läden und Geschäfte und in manchem Hinterhaus gab es auch damals noch Werkstätten und Ställe für das Vieh.



Leder-Stephan im Johannistal
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden dann immer mehr neue Manufakturen und Fabriken in der Stadt. Erst kleinere Betriebe in der Innenstadt und in den vorhandenen Wassermühlen, aber dann auch überwiegend in den Vorstädten als neue Fabriken, wo die Dampfmaschine die Maschinen antrieb.
Jetzt dehnten sich die Vorstadtstraßen auch über die bisherige Begrenzung, die äußere Stadtmauer, hinaus aus und die Bevölkerung verdreifachte sich innerhalb von fünfzig Jahren.

Peterhof um 1860
An der Landstraße nach Eigenrieden hatte der Fuhrmann Peter 1838 den Ausspann "Peterhof" errichtet, der ab 1851 als Forsthaus und  Ausschank genutzt wurde und sich dann zur beliebten Ausflugsgaststätte entwickelte.







Mühlhausen um 1870
Um 1870 wuchs dann die Stadt immer mehr. Neue Straßen und ganze Stadtviertel entstanden, wie das neue Bahnhofsviertel im Osten der Stadt. (.. Auf dem hier gezeigten Stadtplan war aber die Führung der Friedrichstraße noch anders vorgesehen, der heutige Durchbruch der Stadtmauer erfolgte dann erst 1886 ..)
An der Tiedemannstraße (heute Thomas Müntzer-Straße) war 1865 das neue Gaswerk entstanden und bald leuchteten in vielen Straßen der Stadt die Gaslaternen. Noch waren aber auf dem Stadtplan alte Feldwege zu erkennen, die erst nach der Separation im Jahre 1874 verschwanden.
1888 wurde dann die Nummerierung der Häuser straßenweise eingeführt, so wie sie heute noch üblich ist.

Klingentor bis 1867
Auch die alten Tore der Stadt verschwanden immer mehr. So im Bahnhofsviertel 1867 das Klingentor in der heutigen Friedrich-Engels-Straße und 1873 das Bollstedter Tor bei der August-Bebel-Straße. 1871 wurde auch das äußere Neupfortentor an der Eisenacher Straße abgebrochen, während das Schaffentor und das Ammertor schon lange verschwunden waren.









Kilianistraße um 1885
Ende des 19.Jahrhundert verschwanden dann auch die Straßenbäche in der Innenstadt. Zuerst der große Nebenbach der Schwemmnotte, der von der Felchtaer Straße kommend über Untermarkt und Erfurter Straße zur Kilianistraße floss. Aber dann auch die kleineren Straßenbäche der Oberstadt, die vom Breitsülzenbach gespeist, durch fast alle Straßen der Oberstadt flossen.
Jetzt wurden hier Abwasserkanäle und die neue Wasserleitung verlegt und die alten Straßenbrunnen verschwandenen nach und nach aus dem Stadtbild.

Tilesiusstraße
Ein neues Bild boten Ende des Jahrhunderts dann auch zahlreiche neue Vorstadtstraßen. So entstanden im "Kräuterviertel" zwischen Ammerstraße und Harwand die Tilesiusstraße und mehrere neue Querstraßen. Im Westen der Stadt waren es die Johannisstraße, dieWeinbergstraße und die Wanfrieder Straße, die über die bisherige Stadtgrenze hinaus führten.






Pfortentor bis 1891
1891 wurde dann das Pfortentor als letztes der fünfundzwanzig ehemaligen Tore abgebrochen und nur das innere und äußere Frauentor blieben der Nachwelt erhalten.
Die Stadttore hatten hatten ja ihre Schutz- und Kontrollfunktion verloren und wurden nur als kostenaufwendiges Verkehrshindernis betrachtet.. Denkmalsschutz im heutigen Sinne gab es ja damals noch nicht. 









Steinweg vor 1900
Auch der Steinweg hatte Ende des Jahrhunderts sein Gesicht verändert. Immer mehr Geschäfte waren hier entstanden und zahlreiche Geschäftshäuser wurden neu- oder umgebaut.
Noch floss, wie hier links im Bild, der Straßenbach in Richtung Untersteinweg, aber bald musste auch er der neuen Straßenbahnlinie der Oberstadt weichen, die dann ab 1901 über den Steinweg fuhr.








Bick vom Westen um 1892
Um 1892 hatte die Marienkirche noch ihren alten Mittelturm aus dem 17.Jahrhundert, der mit dem Umbau ab 1893 durch den heutigen hohen neugotischen Turm ersetzt wurde.
Der Blick auf die Altstadt vom äußeren Frauentor zeigt den Blobach noch mit reichlich Grün, ein Zustand der sich dann in den folgenden Jahrzehnten auch ändern sollte.
Aber davon soll der nächste und letzte Teil der Straßen in und um Mühlhausen berichten.

Montag, 2. Juli 2012

12) Straßen in und um Mühlhausen - Teil 4 -

Mühlhausen im 14.Jahrhundert

Mühlhausen im 14. bis 18. Jahrhundert ..

.. hatte in und um der Stadt ein ausgebautes Straßennetz, das aber immer wieder durch die wirtschaftlichen und politischen Bedingungen beeinträchtigt wurde.
So hatte sich die Freie Reichsstadt im 14. Jahrhundert zu einem wichtigen Verkehrspunkt in Nordthüringen entwickelt und gehörte mit ca. 10.000 Einwohnern damals zu den zwanzig größten Städten Deutschlands. Die wirtschaftliche und politische Macht wurde durch Städtebündnisse mit dem rheinischen Städtebund und im Dreistädtebund Mühlhausen - Erfurt - Nordhausen gefestigt. 


Markt in der Altstadt
Zu den Märkten am Untermarkt und am Obermarkt kamen die Händler oft von weit her und besonders an den beiden Hauptmärkten entstanden mehrere Gasthäuser, wo die Händler ausspannen und übernachten konnten.
Außer den beiden Hauptmärkten gab es beim Obermarkt noch den Fleischmarkt, den Krautmarkt und den Salzmarkt, beim Untermarkt den Topfmarkt, sowie den Kornmarkt und den Viehmarkt. Später kamen dann noch der Pferdemarkt auf dem Blobach und der Wollmarkt auf dem Lindenbühl hinzu.


Hansestadt Mühlhausen
Mühlhausen hatte schon seit dem 13.Jahrhundert enge Beziehungen zur Hanse, einem norddeutschen Städte- und Kaufmannsbund, dem sie dann 1430 beitrat.
Jetzt wurde die Ware nicht nur auf den gut geschützten Hansestraßen, sondern auch auf dem Seewege in die großen Hanseniederlassungen im In- und Ausland transportiert.
Besonders die mühlhäuser Tuchhändler hatten damals Geschäftsbeziehungen  nach Holland, England, Polen und Russland.

Stadtbefestigung im 14.Jh.
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstand mit der äußeren Stadtmauer eine 6,5 km lange Befestigungsanlage, die jetzt auch die fünf Vorstädte (.. Petri-, Margarethen-, Georgi-, Martini- und Nikolai-Vorstadt..) schützte.
9 äußere Stadttore lagen an den Zugängen zu den Fernstraßen, wie das Äußere Frauentor, das Schaffentor, das Ammertor, das Wagenstedter Tor, das Klingentor, das Bollstedter Tor, das Äußere Erfurter Tor, das Äußere Neupfortentor und das Äußere Felchtaer Tor. An der Harwand lag früher am Ende des Alten Blobachs das sogenannte Kaisertor, durch das man über den Tonberg zum alten Hessenweg kam. Wahrscheiunlich durch die neue Straßenführung über den Galgenberg zum Frauentor, wurde das Tor durch das Schaffentor ersetzt.
An den Straßen von den inneren zu den äußeren Toren wohnten die "Vorstädter", die meist kein volles Bürgerrecht hatten Die übrigen Vorstadtstraßen waren aber damals meist nicht durchgängig bebaut und ein großer Teil der Fläche wurde als Gartenland genutzt 

Inneres und mittleres Erfurter Tor
Die inneren Stadttore hatten inzwischen alle noch ein Vortor erhalten, das durch Zwingermauern mit dem Haupttor verbunden war.
In Kriegszeiten wurden die Tore noch zusätzlich durch stabile Gatter geschützt oder es wurden nur  ein oder zwei Tore benutzt und die anderen mit Mist zugeschanzt.
Die Torwächter wohnten mit ihrer Familie in den Tortürmen, so daß sie Tag und Nacht erreichbar waren. An normalen Tagen wurden die Tore dann bei Sonnenaufgang geöffnet und bei Sonnenuntergang geschlossen. An den mittleren Toren standen Zollhäuschen, in denen der Zollwächter wohnte, der auf ein- oder auszuführende Waren einen Zoll erhob.



trigonometrische Planung
auch für die äußeren Stadttore
Wie die inneren Stadttore wurden damals auch die äußeren Tore nach trigonometrischen Berechnungen angeordnet. So konnte ich zahlreiche Zuordnungen sowohl für alle Kirchen der Stadt, sowie für die Stadttore und andere wichtige Bauten ermitteln.
Hier die Einordnung nach einem gleichschenkligen Dreieck für das Äußere Frauentor und das Äußere Felchtaer Tor von der St.Blasius-Kirche am Untermarkt aus. Ein damals in Mühlhausen angewandtes Prinzip, das auch Bühner in den Mühlhäuser Beiträgen eingehend begründet hat.


Äußeres Frauentor (um 1905)
Das Äußere Frauentor führte von der Petrivorstadt über den Tonberg zum alten Hessenweg.
Altenburg schrieb dazu 1824..:
".. Die Straße führt vom inneren Frauenthor bis ans äußere Thor, welches das höchste Tor in den Vorstädten ist. Durch dieses Thor führet der Weg nach Pfaffenroda, Eigenrieden und in das Hessische. Die äußern Thore waren alle mit starken eichenen .. Fallgattern nach außen versehen, die.. im Fall der Noth .. leicht heruntergelassen wurden. Nach dem Bauernkriege sind die Gatter  in den Verfall gekommen, aber im Anfang des 30jährigen Krieges wieder damit veresehen worden .."
Vom Äußeren Frauentor kam man damals noch am Galgenberg (Schützenberg) vorbei zur Pfafferöder Höhle und vorbei an der Tonbergswarte und am Gut Pfafferode zur Eigenrieder Warte.

Äußeres Erfurter Tor
Zum Äußeren Erfurter Tor schreibt Altenburg..: ".. welches nach Höngeda, Seebach und Erfurt führt, vor einigen Jahren aber abgebrochen .. ist..." Das Tor lag an der ".. Straße vom innern Erfurter Thore bis ans obere.."
(.. wie die Johannisstraße am Blobach erhielt auch die Langensalzaer Straße erst 1876 ihren heutigen Namen. Das Tor war 1823 abgebrochen worden, das Fundament wurde 1991 beim damaligen Straßenbau freigelegt...)
Vom Tor führten früher zwei Wege nach Süden und Südosten. Durch die Erfurter Höhle und vorbei am Katzenturm in den Süden und über den Schadeberg und Ämilienhausen nach Langensalza und Erfurt.

Wagenstedter Tor und Brücke
An der früheren Unstrutfurt entstand im Mittelalter die steinerne Wagenstedter Brücke auf deren Stadtseite das Wagenstedter bzw. Schindertor stand. (.. Die Bezeichnung kam vom nebenan errichteten Schinderhaus, der städtischen Abdeckerei ..)
Auch hier wurde die heutige Sondershäuser Straße als ".. die Straße vom Görmar- bis ans Wagenstedter Thor.." bezeichnet und Altenburg schreibt hierzu..: ".. Durch dieses Thor gehet der Weg nach Windeberg, Saalfeld, Keule, Sondershausen und Nordhausen.." Die mittelalterliche Lange Straße über Tuttensoda in den Norden und die Verbindung nach Ammern wurde aber nicht mehr erwähnt, die waren wohl durch den Bau der Ammerbrücke und der Straße nach Ammern abgelöst worden. 1862 wurde dann das Tor abgerissen, die steinerne Brücke wurde aber erst im 20.Jh. durch eine neue Brücke ersetzt.

alte Karte
des mühlhäuser Gebietes
Auf einer alten Karte des mühlhäuser Gebietes sind zwar die Gewässer, Dörfer und späteren Wüstungen, aber leider keine Straßen aufgezeigt.
Überhaupt war der Gebrauch von Karten noch nicht üblich.. Die Fuhrleute kannten ihre Straßen mit all ihren Tücken.. und die Wandersleute fragten sich nach dem nächsten Ort durch. Für die Abgrenzung zu den anderen Hoheitsgebieten kamen dann Grenzsteine zum Einsatz und an den Straßen kamen die ersten Grenzposten und Warten auf.


Burg Hanstein
Bald nach der Zerstörung der mühlhäuser Reichsburg war ein Teil der früher hier ansässigen Ministerialen ".. der Stadt Feinde geworden .." und besonders die Adligen aus dem Eichsfeld, dem Harzvorland und aus dem Werragebiet überfielen immer wieder das Gebiet der jetzt freien Reichsstadt.
Meist kamen sie als berittene Abteilungen und so wurden mehrere Dörfer, wie Dörna und Hollenbach, Lengefeld, Weida, Windeberg u.a. mehrmals überfallen, beraubt und gebrandschatzt.
Besonders mit den Herren von Hanstein lag die Stadt lange in Fehde.. Die Hansteiner überfielen immer wieder mühlhäuser Gebiet und die Mühlhäuser zogen vor die Burg und zerstörten deren Dörfer.



Gebiet der freien Reichsstadt
Zum Schutz gegen die Überfälle aus dem Eichsfeld wurde nach 1350 im Westen und Norden des Gebietes der Freien Reichsstadt der Landgraben mit 26 km länge und acht Warten an den Fernstraßen angelegt. Die stellenweise doppelte Wall-Graben-Anlage war noch durch einen Knickverhau geschützt.
Folgende Warten schützten die hier durchführenden Fernstraßen..: Die Eigenrieder Warte den Hessenweg, die Dörnasche Warte die Straße nach Heiligenstadt, die Lengefelder Warte die Straße nach Dingelstedt, die Horsmarsche Warte die Straße nach Reifenstein, die Eigenröder Warte die Straße nach Rüdigershagen und die Sollstedter Warte die Straße nach Keula und Nordhausen.
Außerdem standen auf den Anhöhen rings um die Stadt Wachttürme, von denen, wie von den Warten am Landgraben, die Türmer der Stadt vor herannahenden Feinden gewarnt wurden. 

Lengefelder Warte
Die Straßenwarten am Landgraben - hier die heute noch vorhandene Lengefelder Warte - hatten neben dem Wartturm mit dem hochgelegenen Zugang noch ein Wächterhaus und eine Ringmauer, an der es einen äußeren und inneren Schlagbaum gab.
In Friedenzeiten wurde nur der Ein- und Ausgang zum Gebiet der Reichsstadt kontrolliert und ein entsprechendes Wegegeld kassiert. In Kriegszeiten zog sich die Besatzung bei Gefahr auf den Turm zurück, von dem die Stadt durch Feuer bzw. Rauchzeichen oder Böllerschüsse gewarnt wurde. 

Straßen und Warten der Umgebung im 15.Jh.
Während sich die Straßen im Stadtgebiet vom 14. bis 18. Jahrhundert nur wenig änderten und die äußere Stadtmauer jahrhunderte lang die äußere Begrenzung darstellte, änderte sich bei den Fernstraßen doch nach und nach deren Bedeutung.
Einige Straßen, wie die Lange Straße über Tuttensoda in den Norden oder die Südstraße durch die Erfurter Höhle verloren an Bedeutung und wurden durch andere Straßen ersetzt. An Bedeutung gewannen dagegen die neue Straße über die Ammerbrücke nach Ammern oder auch die neue Straße nach Eisenach über das Äußere Neupfortentor.

Wachtturm
Die über 16 Warten auf den Anhöhen rings um die Stadt standen oft auch in der Nähe der alten Fernstraßen, um herannahende Feinde rechtzeitig melden zu können. Nach dem Dreißigjährigen Krieg dienten sie teilweise noch der Jagdaufsicht, wurden aber dann vernachlässigt und wenn sie verfielen, nicht wieder instandgesetzt. Als eine der letzten Warten wurde der Katzenturm an den Katzentreppen im Jahre 1792 abgerissen.
Altenburg nannte 1824 sechzehn Warten, von denen die meisten schon zerfallen waren..:
Eigenrieder Warte, Eichelwarte, Forstbergwarte, Tonbergswarte, Hausenwarte, Abbentalwarte, Horsmarsche Warte, Schalcheröder Warte, Katzenturm, Spielbergswarte, Dorlaer Warte, Mühlhäuser Warte, Warte zu Eichen, Warte am roten Berge, Nützigerodaer Warte, Schadebergswarte..
Pfafferöder Höhle (um 1970)
Auch die meisten Hohlwege rings um die Stadt sind inzwischen verschwunden. Sie entstanden im Mittelalter besonders an Berghängen und heute erinnert noch die Erfurter- und die Pfafferöder Höhle als Straßenbezeichnung an diese alten Wegeführungen.
Aber auch am Bergweg zum Schadeberg, an der Füllscheuer und am Danielsberg an der alten Straße nach Lengefeld gab es solche alten Hohlwege.




Kaufmannswagen am Ausspann
Für die Fuhrleute mit ihren plumpen Kaufmannswagen war es schon beschwerlich auf den alten Fernstraßen. Oft waren es nur bessere Feldwege, die an nassen, morastigen Stellen oft umfahren wurden und so zu fächerförmigen, mehrspurigen "Straßen" wurden.
An den Fernstraßen entstanden dann auch nicht nur in der Stadt Gasthöfe, wo übernachtet und "ausgespannt" werden konnte.


1525 - Bauernheer
1525 zogen dann auch in Nordthüringen die Bauernheere über die Straßen, um gegen ihre Ausbeuter und Unterdrücker zu Felde zu ziehen.
Mühlhausen wurde unter Thomas Müntzer und Heinrich Pfeiffer zum Zentrum des nordthüringer Bauernaufstandes und im Gehren, an der Straße nach Görmar sammelte sich der "Schwarze Haufen" mit etwa 10.000 Mann zum Zug gegen den Adel und die Kirche.

1525 - Bauernkrieg in Nordthüringen
Zuerst ging es nach Langensalza, dann nach Ebeleben und von dort ins Eichsfeld, wo Burgen und Klöster gestürmt wurden. Ein Teil zog dann wieder nach hause und der Rest traf sich mit den mansfelder Bauern bei Frankenhausen, wo ihnen die vereinigten Fürstenheere eine vernichtende Niederlage bereiteten. Etwa 6.000 Bauern verloren auf dem Schlachtberg ihr Leben und hunderte wurden später noch hingerichtet. Auch in vielen Städten und Dörfern übten die fürstlichen Truppen noch Rache und Mühlhausen musste sich auf Gnade und Ungnade ergeben. Die "Rädelsführer" wurden hingerichtet und die Stadt sollte neben 120.000 Gulden Strafgeld auch alle anderen Schäden ersetzen.
 Mühlhausen und das Territorium wurde jetzt den Fürsten unterstellt und erst jahrzehnte später wieder in ihre alten Rechte eingesetzt.

Mühlhausen um 1600
Um 1600 hatte sich die Freie Reichstadt wieder erholt.  Handwerk und Handel florierten wieder und über die Straßen zur Stadt kamen wieder Waren aus aller Welt. Mit den über 20 Wassermühlen hatte die Stadt einen guten Grundstock für die gewerbliche Entwicklung und um 1600 gab es über 800 Handwerksmeister  in den verschiedenen Gewerken.
Verheerend hatten sich die verschiedenen großen Stadtbrände und die Pest ausgewirkt, wo tausende Einwohner starben und zum Teil ganze Straßenzüge, besonders in den Vorstädten verödeten.
Ansonsten blieb aber das Straßenbild der Innenstadt fast unverändert, nur die "Neue Gasse" zwischen der Ratstraße und der Linsenstraße war auf dem Gelände des aufgelösten Barfüßerklosters neu entstanden. Offizielle Straßennamen gab es damals noch nicht, aber bereits im 14.Jh. gab es - meist lateinische - Straßenbezeichnungen in alten Urkunden.


Kutsche im 16.-17.Jh.
Auf den Straßen von und zur Stadt war das Reisen jetzt bequemer geworden. Wer es sich leisten konnte, fuhr mit der Kutsche, deren Wagenkasten an Lederriemen beweglich aufgehangen waren.
Trotzdem kam es durch die katastrophalen Wegeverhältnisse zu Rad- und Achsenbrüchen und umgestürtzte Kutschen und Wagen gab es immer wieder.

Aber den größten Teil der Reisenden stellten doch noch die Wanderer, die zu Fuß über die Straßen zogen, denn Reitpferde konnten sich auch nur Begüterte leisten. 


"Thuringische Landtafel" von 1625
Auch auf der Thuringischen Landtafel von 1625 sind zwar die meisten Orte der Umgebung aufgezeigt, aber auch hier fehlt die Straßenführung.
Mühlhausen lag zwar in der Mitte des Reiches, aber die wirtschaftliche Entwicklung fand jetzt im Wesren, Süden und Osten statt und die fürstlichen Residenzen wurden zu Zentren der Macht und Entwicklung im Lande.
Aber dann kam noch etwas, was die freie Reichsstadt und fast ganz Deutschland ins Verderben stürzte..., der Dreißigjährige Krieg... und jetzt war die zentrale Lage in Deutschland für Mühlhausen gar nicht so günstig, denn ständig zogen Truppen aller Herren Länder durch die Stadt und das mühlhäuser Gebiet.


Landsknechtszug im 30-jährigen Krieg
Eingehend wurde in der alten Chronik über den Einmarsch des kaiserlichen Generals Pappenheim mit seiner Armee im Jahre 1632 berichtet. Die Armee kam über den Dachrieder Kopf und der General zog mit einem Teil der Truppen durch das Ammertor in die Margarethenvorstadt ein, besetzte in einem Handstreich das Pfortentor und zog auf das Rathaus, wo er den Bürgermeister und 15 Ratsherren zu Geiseln nahm, weil das hohe "Strafgeld" von 200.000 Talern nicht aufgebracht werden konnte.
Aber nicht nur der Pappenheimer, auch die anderen Truppen die hier durchzogen bzw. sich einquartierten, forderten Geld und Proviant und drangsalierten die Einwohner der Stadt und der Dörfer. Bald traute sich niemand mehr vor die Tore der Stadt und die Bauern versteckten sich vor den marodierenden Soldaten in den Wäldern.

Merianstich von 1642
Auf dem Merianstich von 1642 zeigt sich die Freie Reichsstadt zwar als ein wohlhabendes "festes Städtelein".., aber Ende des Dreißigjährigen Krieges, war die Bevölkerungzahl besonders durch die Pestepidemien auf über die Hälfte geschrumpft.
Nur langsam erholten sich Stadt und Bevölkerung von den Unbillen des Krieges und auch die Wirtschaft kam nur zögerlich wieder in Schwung. Der Hopfen- und Weinanbau waren völlig eingegangen. Mussten Weber, Schuster und Schneider oft um ihre Existenz kämpfen, entwickelte sich jetzt die Gerberei besonders in den Straßen an den Wasserläufen und Straßenbächen.

Plan der "Festung" Mühlhausen - 1762
Der siebenjährige Krieg Preußens gegen das Reich und die verbündeten Franzosen brachte auch für die Freie Reichssadt, die dem Kaiser in Wien direkt unterstand, wieder neue Erschwernisse.
1761/62 besetzten französische Truppen die Stadt und wollten sie zur Festung ausbauen.
Um die gesammte Innenstadt wurden Bollwerke, Schanzen, Palisaden und Gräben errichtet. Zum Schluss blieben nur das Frauentor und das Burgtor offen und alle anderen inneren Tore wurden mit Mist verschanzt.

1762 - Bollwerke am Blobach
Nach dem Abzug der Franzosen kamen dann laufend fremde Truppen durch die Stadt, die ebenfalls Quartier, Proviant und Geld forderten.
Erst nach und nach wurden dann die "Festungsbauten" in den Vorstädten wieder abgetragen und die erheblichen Schäden an der Stadtbefestigung und in den Gärten und Gebäuden beseitigt. Besonders am Blobach, der durch den Festungsbau völlig ruiniert worden war, dauerte die Wiederherstellung einige Zeit.
(.. In der "Festungszeit" mussten durchziehende Truppen aus dem Norden über den Petristeinweg und durch die Zinkengasse zum alten Hessenweg beim Äußeren Frauentor ziehen und auch sonst mussten viele Umwege in Kauf genommen werden, um in und um die Stadt zu kommen ..)  

Mühlhausen um 1790
Ende des 18. Jahrhunderts war Mühlhausen aber wieder die friedliche Ackerbürgerstadt, die zwar durch die ständigen Kriege und Abgaben an das Reich  total verschuldet war, aber wenigstens in ihrer Substanz weitgehend erhalten war.
Übrigens war unter den Franzosen 1762 eine durchgehende Nummerierung der Gebäude in der Stadt eingeführt worden, die straßenweise Nummerierung kam dann erst über hundert Jahre später.

Wandergesellen
Jetzt waren auch die Wandergesellen wieder gefahrlos auf den Straßen unterwegs, denn noch war das alte Zunftrecht voll gültig und die Handwerker entwickelten oft einen bescheidenen Wohlstand.
Aber auch die Bauern aus der Umgebung, die in der Stadt ihre Ware anboten und die Wanderhändler bzw. Trödler waren auf den Landstraßen unterwegs. Längst hatten die Burgen in der Nähe der Straßen ihre Bedeutung verloren und nur im Eichsfeld wurden einige noch als Sitz der Amtsvögte genutzt, die aber dann meist ihren Amtssitz in naheliegende Städte verlegten.
Im Gebiet der freien Reichsstadt Mühlhausen hatten sich keine Burgen erhalten, einige Dörfer hatten aber auch Zugangstore und waren durch Verhaue und Zäune geschützt, die aber dann auch verfielen.



Gebiet der Freien Reichsstadt um 1800
Um 1800 bestand das Gebiet der freien Reichsstadt noch so, wie es vor 300 Jahren gebildet wurde und auch die meisten alten Fernstraßen verliefen noch auf den mittelalterlichen Trassen.
Noch lange standen an diesen alten Straßen öfters steinerne Sühnekreuze, wie z.B. am Windeberger Kreuz.
Im mühlhäuser Gebiet wohnten jetzt 14.815 Einwohner, davon 9.092 in der Stadt. Aber die Zeit des absolutistisch regierenden edlen Rates ging langsam zu ende und 1801 verlor der größte Teil der reichsfreien Städte in Deutschland.im Frieden von Luneville seine Selbsständkeit.