Donnerstag, 8. Dezember 2011

3) Claes & Flentje Mühlhausen .. endgültig Geschichte ..

E.B.Claes (1839 -1909)
 Ja..., das war´s dann wohl .....

am 6.12.2011 wurde mit dem endgültigen Abriss der kompletten Industrieanlage der ehemaligen Firma Claes & Flentje begonnen ...,
Damit verschwindet erneut ein Betrieb, der Anfang des vorigen Jahrhunderts zu den bedeutendsten Firmen der Stadt gehörte ..

1869 hatte Ernst Bernhard Claes seine Firma in der Röblingstraße gegründet und erwarb 1870 das Grundstück zwischen dem Kiliansgraben und der Waidstraße, wo seine Maschinenfabrik entstand.
Claes hatte in Mühlhausen Maschinenschlosser gelernt und seine Kenntnisse in einer mehrjährigen Wanderschaft erweitert. In Paris hatte er den Maschinenschlosser Flentje kennengelernt, der dann in Mühlhausen sein Kompagnon in der Firma Claes und Flentje wurde.
Vorrangig wurden Schuhmachernähmaschinen, Strickmaschinen und später auch Fahrräder hergestellt.








Schuhmachernähmaschine
Bereits 1876 wurde dann in der neuen Maschinenfabrik in der Waidstraße die zehntausendste Nähmaschine hergestellt.
In Mühlhausen hatte sich neben den zahlreichen Gerbereien eine leistungsfähige Lederindustrie entwickelt und neben den zahlreichen handwerklichen Schuhmachern gabes mit der Schuhfabrik Schreiber und Horner in der Wagenstedter Straße auch eine industrielle Schuhproduktion.
Auch das Textilgewerbe hatte eine lange Tradition in Mühlhausen..
Neben den handwerklichen Woll- und Leinenwebern, entstanden im 19. Jahrhundert auch mehrere größere Textilfabriken, wo von der Spinnerei bis zur Weberei oder Strickerei leistungsfähige Firmen entstanden.
Claes hatte die in England erfundenen Paget- und Cotton-Strickmaschinen weiter entwickelt und baute jetzt Flachstrickmaschinen, die erst als Handstrickmaschinen und dann auch mit Riemenantrieb betrieben wurden.


Dampflocomobile

Die Einführung der Dampfmaschine hatte ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Mühlhausen das Entstehen größerer Fabriken gefördert.
Mit der Dampfmaschine konnten jetzt die neu entwickelten Maschinen über Transmissionen angetrieben werden.
Diese Transmissionsanlagen waren in vielen Betrieben auch nach Einführung des elektrischen Stroms und der Elektromotoren noch lange in Gebrauch.
Mit der Eröffnung der Eisenbahn Gotha-Mühlhausen-Leinefelde im Jahre 1870 war auch der Transport der benötigten Kohle, aber auch der Transport der Rohstoffe und die Auslieferung der fertigen Produkte wesentlich verbessert und Mühlhausen entwickelte sich zur kleinen Industriestadt.


Fabrikarbeiter

Auch die Erwerbsstruktur in der Stadt veränderte sich zusehends ..
Aus dem Handwerksgesellen war jetzt oft der Fabrikarbeiter geworden, der nicht mehr auf der Walz war, sondern in der Stadt seinen festen Wohnsitz hatte. Auch aus den umliegenden Dörfern kamen immer mehr Leute in die Stadt, um in den Fabriken zu arbeiten. Dementsprechend wuchs die Stadt besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert stark an und die Einwohnerzahl verdreifachte sich.
Aber auch neue Leitungsstrukturen entstanden.
Neben dem Fabrikdirektor gab es jetzt den Buchhalter, den Betriebsleiter und die verschiedensten Meister bzw. den Vorarbeiter.
Aber auch bei den einfachen Fabrikarbeitern gab es Veränderungen. Sie organisierten sich in Gewerkschaften und fanden hier Unterstützung beim Kampf um gerechtere Löhne.
1891 hatte die Maschinenfabrik Claes & Flentje dann etwa 500 Beschäftigte.., eine Zahl die sich in den Folgejahren weiter erhöhte.





Versandabteilung
Auch bei Claes & Flentje entstanden jetzt die verschiedensten Arbeitsbereiche, von der Verwaltung, über Materiallager, zur Produktion und Auslieferung ....
Der Versand erfolgte jetzt per Eisenbahn meißt als Stückgut an die Händler bzw. Betriebe,
Am Bahnhof war hierzu mit dem Umbau 1910/11 ein großer Güterschuppen entstanden, von wo die Maschinen in alle Welt geschickt wurden.





1898 - "Pfeil"-Fahrräder

Ab 1898 wurden bei Claes und Flentje auch Fahrräder der Marke "Pfeil" hergestellt.
Das Fahrrad hatte sich zu einem beliebten Fortbewegungsmittel entwickelt.., erst als Sportrad (.. was beim Einrad auch sportliche Radfahrer erforderte ..) .. aber dann auch bald als Mittel, den oft weiten Weg zur Arbeit zu erleichtern ..
1908 wurde dann in Mühlhausen der Radsportverein "Pfeil" gegründet, dessen 22 Gründungsmitglieder ausschließlich die claes´schen Fahrräder benutzten..


1904 - Claes-Lkw
1904 stellte der Betrieb einen eigenen Lastkraftwagen her...
Ein Unikat, das mit einem englischen Motor ausgerüstet wurde und vorrangig zum Material- bzw. Warentransport von und zum Bahnhof diente.
Firma Claes & Flentje






Die Maschienfabrik Claes & Flentje prägte jetzt das Bild im neuen Bahnhofsviertel..
Neben den Fabrikbauten in der Waidstraße und dem Verwaltungsgebäude in der Friedrichstraße, entstanden am Kiliansgraben zwei pompöse Villen, die den Wohlstand des Claes´schen Betriebes repräsentierten.
Der Betrieb hatte jetzt etwa 1.000 Beschäftigte


köngl.Commerzienrat E.B.Claes

1909 starb Ernst Bernhard Claes.., der nicht nur Wirtschaftsgeschichte in der Stadt schrieb, sondern als Stadtverordneter und Vorsitzender der Handelskammer auch rege am gesellschaftlichen Leben der Stadt teilnahm.
Neben seinem Betrieb hatte Claes auch die repräsentativen Villen am Kiliansgraben 10 und 12 sowie in der heutigen Thälmannstraße bauen lassen.
Die Villa am Kiliansgraben 12 wurde dann 1930 von seinen Erben an die Firma Siegelmann verkauft und wurde später als Kindergarten genutzt und auch die Villa in der Thälmannstraße 4, die er seiner Tochter Mathilde vermacht hatte, wurde in der DDR-Zeit als Kindergarten eingerichtet .
Nach dem Tod des Firmengründers übernahmen seine Erben die Betriebsleitung, aber der bisherige Aufwärtstrend hielt nicht lange an.
1913 hatte der Betrieb dann "nur" noch 839 Mitarbeiter.




1.Weltkrieg (1914 -18)


Der 1.Weltkrieg brachte auch für die claes´sche Firma scharfe Einschnitte ..
Zahlreiche Arbeiter wurden eingezogen und die Produktion auf kriegswichtige Teile für Maschinengewehre, Minenwerfer usw. umgestellt.Lediglich die Fahrradproduktion lief weiter, denn die wurden damals noch verstärkt bei der Truppe eingesetzt.
1917 hatte der Betrieb dann nur noch 368 Mitarbeiter..., immer mehr Mühlhäuser kamen an die Front.. und viele nicht wieder nach hause.








Firmenwerbung um 1925
1919 war der Betrieb dann an das örtliche Stromnetz angeschlossen worden. Bisher erfolgte der Antrieb der Maschinen durch die Dampfmaschinen über Transmissionsanlagen bzw. über selbst erzeugten Strom.
Noch waren die Erzeugnisse in aller Welt ghefragt, aber Rezession und Inflation gingen auch an der Firma Claes & Flentje nicht vorüber.
1932 mußte die Firma dann Konkurs anmelden.. Die restlichen 150 Mitarbeiter wurden von der Nachfolgefirma Claes & Co GmbH übernommen, die 1937 zur Kommanditgesellschaft umgewandelt wird.
Auch im 2.Weltkrieg wurden wieder "kriegswichtige" Teile produziert und 1944 fand anläßlich des 75. Gründungstages am Schützenberg ein festliches Konzert statt.

Bereits im Mai 1945 nahmen dann die ersten 34 Mitarbeier der Firma ihre Arbeit wieder auf ,,
Neben der begrenzten Fertigung von Näh- und Strickmaschinen, wurden landwirtschaftliche Geräte und Beleuchtungskörper hergestellt .., im Oktober hatte der Betrieb dann schon wieder 160 Beschäftigte.





Claes´sche Villa um 1960

Die Villa am Kiliansgraben 10 war 1931 von den claes´schen Erben an den jüdischen Kaufmann Eckmann verkauft worden, der aber bereitzs 1934 Mühlhausen verlassen musste.
Jetzt ging die Villa "an das Reich" über und hier residierte der Standortälteste der Wehrmacht.
Im Juli 1945 zog dann die sowjetische Kommandantur hier ein. und danach war hier von 1946 bis 1964 der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) zu hause, dem der Betriebskindergarten des VEB Röhrenwerkes folgte.

Nach der Wende an die Eckmann-Erben rückübertragen, wechselte die spätklassizistische Bau mehrmals seine Besitzer ..., aber eine vernünftige Nutzung steht wohl immer noch in weiter Ferne.

ehem.Verwaltungsgebäude - Ecke Waidstraße



Aus dem Verwaltungsgebäude in der Friedrichstraße war in der DDR-Zeit das VPKA (Volkspolizeikreisamt) geworden.., dessen Nachfolger die Polizeiinspektion Mühlhausen dann in der Brunnenstraße ein neues Domizil bekam.






Fabrikgebäude Waidstraße

Jahrzehntelang dann noch als Claes & Co KG und später als VEB Spezialnähmaschinenwerk betrieben, kam mit der Wende auch für diesen Betrieb das Ende.
Die alten Fabrikgebäude in der Waidstraße standen dann lange leer .. und sind inzwischen so vergammelt, daß eine Instandsetzung nicht sinnvoll erscheint und da sowieso kein neuer Nutzer in Sicht ist, kommt jetzt der Abriss..





Villa Claes - Kiliansgraben 10
Nur die frühere Claes´sche Villa aus dem Jahre 1892/93 wird (..vielleicht ..) später noch davon künden..., wo früher einmal in Mühlhausen ein bedeutender Mann einen bedeutenden Betrieb aufgebaut hatte ..

Na ja..., etwas ist ja doch noch geblieben ..
im Industriegebiet am Schadeberg wurde eine Straße nach Ernst Bernhard Claes benannt ..










Übrigens .., natürlich gibt es außer dieser Blog-Seite "Mühlhausen - Geschichte und so weiter", nach wie vor die Vorgänger-Seite "Mühlhausen - Geschichte und mehr" mit ihren 100 Beiträgen zur Geschichte unserer Stadt ..
.. Ihr Günter Körber



Sonntag, 24. Juli 2011

2) Festung Mühlhausen ..


Alles neu bei Smiley ...??

.. der neue Blog..., er heißt jetzt > Mühlhausen - Geschichte und so weiter <
.. die Postbearbeitung und die Seitenansicht usw., usw. ..
.. und da wollen wir doch auch gleich mal mit einem neuen Thema beginnen ..
.. und zwar mit dem mißglückten Festungsbau in Mühlhausen in den Jahren 1761-62 ..

Obwohl im Siebenjährigen Krieg die kriegsführenden Länder eigentlich weit weg vom Schuss lagen, wurde die noch Freie Reichsstadt - die ja dem Kaiser in Wien direkt unterstand - bald in die Kriegswirren mit einbezogen.
In der Stadtchronik wird diese Zeit eingehend beschrieben ... und deshalb sollen hier auch einige Auszüge von damals gebracht werden.




1755 war die Welt in der Freien und des Reiches Stadt Mühlhausen noch in Ordnung, wenn man von dem harten Winter und dem trockenen Sommer absieht, die wieder einmal eine große Hungersnot mit sich brachten. Die Stadtsoldaten schützten die Tore der Stadt und am Kalkberg (dem späteren Schützenberg) wurde ein neuer Galgen errichtet. Aber die Welt ringsherum war doch nicht so friedlich. So berichtete die Chronik von einem Beben, das die Menschen in Angst und Schrecken versetzte: ".. dieses war gleichsam ein Vorspuk von dem darauf erfolgetem Kriege, da alle Menschen vor zitterten .."








1756 hatte sich die Situation in Mitteleuropa weiter zugespitzt. Das aufstrebende preußische Königreich wurde von seinen Nachbarn und besonders von den Habsburgern kritisch beäugt.
Der Koalition von Österreich und Frankreich traten noch Rußland, Schweden, Sachsen und das Reich bei.
Friedrich der Große kam dem vorgesehen Angriff mit einem Präventivschlag zuvor und besetzte Sachsen.
In der Folge erkämpfte er im Siebenjährigen Krieg mehrere Siege gegen die Koalitionstruppen, mußte aber auch mehrere Niederlagen gegen die feindliche Übermacht hinnehmen.
Die Freie Reichsstadt Mühlhausen war ja Teil des Deutschen Kaiserreiches und gehörte damit der Koalition gegen Preußen an, war aber von der Kofession eher den Preußen zugeneigt.
In der Chronik lesen wir von der: ".. fürchterlichen Erwartung des drohenden Krieges .."

Weiter heißt es: ".. in diesem Jahr fing sich der Krieg an und ward die erste Schlacht zwischen Österreichen und Preußen geschlagen bei Lobositz in Böhmen, allwo die Preußen siegeten.... und wurde alle Zeit gesagt, daß dies zu unserm größten Glücke geschehen wäre, daß Preußen gesiegt hätte .."




1757 heißt es dann: " .. war auch ein vortrefflicher Sommer und würde gewiss die Freude der Menschen überschwenglich gewesen sein, wenn sie nicht durch die Furcht vor den ankommenden Franzosen getrübt worden wäre .."

Noch war die Lage erst einmal unklar. So gab es ".. zu St.Georgi ein Scharmützel zwischen preußischen Werbern und kaiserlichen Soldaten .." und ".. nach Pfingsten zogen 800 Mann Gothaische Soldaten hier durch, die der Herzog dem Könige von England zuschickte .."

Dann ging es aber Schlag auf Schlag. ".. den 20. September kamen die ersten Franzosen an, 4000 Mann Elsässer Blauröcke, die lagen hier bis zum 5.Oktober, da marschierten sie nach Langensalza zu .." und bald folgten weitere große Truppenkontingente. ".. sie nahmen ihren Weg nach Roßbach ... kamen aber garstig hinweg .." berichtete der Chronist.
".. als sie nun brav von den Preußen gedroschen zurück kamen, .. wurde die Klosterkirche zum Heumagazin gemacht und die Kreuzkirche zum Brotmagazin.. außerdem .. die Schule zum Lazarett .. sowie die Georgi-Pfarre und den Hospital Margarethen ... kamen über 100 Bettstellen hinein .."
Im November und Dezember kamen dann wieder tausende französische Soldaten durch die Stadt, die meist für einige Tage hier Quartier machten.











Obwohl die Stadt relativ gut befestigt war, gab es ja gegen die "verbündeten" Franzosen keine Alternative.
Immer wieder mußten tausende durchziehender Truppen verpflegt und untergebracht werden und auch die Bereitstellung von Pferden und Heu brachte die Bürger und die Bauern der Umgebung in Schwierigkeiten.
So heißt es. "... den 5.Dezember kamen von Nordhausen 200 Kranke und Blessierte auf 22 Wagen ins Lazarett und viel Commandierte dabei ... den 17. Dezember kamen Ungarische Husaren her ins Quartier, 1000 Mann und bliebenneben den Franzosen bis zum 17. Januar liegen, alsdann marschierten sie nach dem Hessenlande ..."










1758 berichtet die Chronik: "... kamen die Hannoverschen Völker, die den Preußen zu Hilfe geschickt waren ... aber vor grausamer Kälte sind sehr viel Soldaten erfroren ..."

1759 heißt es: "... den 18.Juli kam ein Corps österreichische Husaren, Küraß-Reiter und Kroaten hier durch ... und plünderten die Grafschaft Hohnstein aus. ... Den 6. Sonntag nach Trinitatis kamen die Österreicher wieder zurück mit großem Raube von Pferden und Kühen, Schafen und Schweinen ... die wollten sie hier verkaufen .. kaum waren sie weg, so kamen französische Husaren .. und forderten 1000 Scheffel Weizen und 1000 Scheffel Roggen, 1000 Scheffel Hafer und 1000 Rationen Heu ... das mußte die Stadt in das Hessenland hinüberbringen ..."










Die Österreicher hatten die mitgebrachten Schafe im Hirschgraben weiden lassen .. ".. das andere Vieh und die Mobilien hatten sie auf dem Blobach feil, da konnte mancher einen Rathskauf tun, der ihm nach der Zeit zur bitteren Galle wurde. Die Eichsfelder thaten sich hier was zu Gute... (-- der Chronist Andreas Sellmann ließ immer wieder die allgemeine Abneigung gegen die katholischen "Eichsfelder" durchblicken ...) und redete ihnen nach ".. daß wir noch dieses Jahr katholisch werden oder das Land räumen müßten .."









"Den 12. Sonntag nach Trinitatis sahen wir zum ersten Male die Hannöverschen Jäger und schwarzen Husaren, doch kamen sie dies mal noch als Freunde..." Auch in den folgenden Wochen kamen Preußen, Hannoveraner und Hessen durch die Stadt und quartierten sich oft einige Tage ein. "... sie fasten Posto an den Toren und stellten auch Feldwachen aus ... da kamen Österreicher und nahmen 2 Feldposten mit .. da kamen noch von den Jägercorps schwarze Husaren und Dragoner hinzu ... marschierten .. nach Deuna und Zaunröden und plünderten beide gänzlich aus ..." (beide Dörfer gehörten damals zum "Feindesland" ..)














1760 heißt es dann: "... den 10.Februar .. kam der grausame Kowatsch ... mit Husaren und Fußvolk, zusammen 300 Mann und forderte im Namen des Königs von Preußen von der Stadt 2 Tonnen Goldes (200.000 Taler) ..." Obwohl die Bürger ".. der Stadt Vorschuss tun mußten .." konnte der Rat nur eine Tonne Gold aufbringen, dafür wurden die Bürger und die Bauern der Umgebung von den Soldaten ".. grausam tyrannisiert .."

Im Februar kamen dann "... 15.000 Mann Hannöversche, Wolfenbüttelsche und Braunschweigische Völker ... die Hannöverschen machten den Leuten keine Last ... sondern zogen unter andächtigen Singen geistlicher Lieder wieder fort ..."
Auch der "grausame Kowatsch" kam mit seinen Truppen wieder ".. um mit den Mühlhäusern umzugehen, als noch nie geschen wäre .." und ".. den 18. August ging die Avantgarde des Herzogs von Würtemberg hier durch, welche die ärgsten Diebe waren .."


"... den 31.August .... kam der Herzog von Würtemberg mit 6000 Mann Cavallerie und 7ooo Mann Infanterie, die lagerten sich auf dem Stadtberge und lagen 2 Tage und 3 Nächte ... die Artillerie lag in Felchta ... sie taten auch viel Schaden an Kraut in der Waidgasse und im Flarchen .. danach marschierten sie nach Ebeleben zu ..da mußte die Stadt 5000 Mundportionen und auch so viel Hafer und Heu, wie auch Geld liefern ..."
(Nun waren ja die Würtemberger als Reichsarmee eigentlich Verbündete der Stadt, aber das war zu dieser Zeit schon fast egal...., die Bürger wurden von Freund und Feind geschröpft ..)











1761 kamen immer mehr Franzosen in die Stadt und am 2.Februar ".... kamen 4000 Franzosen ins Winterquartier ... und waren den Leuten sehr verdrießlich .... sobald sie in die Stadt kamen, mußten gleich alle Türme an der Stadtmauer geöffnet werden .. und wurden Wachen darauf gestellt .. das Pfortenthor, das Felchtaer und Erfurter Thor wurden mit Mist zugeschanzt, die andern mit spanischen Reitern versehen ..
Am 9.Februar fingen sie an, die Stadt zu befestigen und mußten täglich 4000 Bauern und 4000 Soldaten schanzen ...."








Den 12. Februar hatten die Franzosen bei Dörna ein Scharmützel mit den Hannoveranern und es gab Tote und Blessierte. Auch im übrigen Gebiet der "Freien Reichsstadt" kam es immer wieder zu größeren und kleineren Gefechten zwischen den feindlichen Gruppierungen.
"... da kamen eiligst noch 8000 Franzosen, die teils in der Vorstadt einquartiert wurden ...
Weil nun die Bauern nicht mehr schanzen konnten, so wurde ... die ganze Oberstadt zum Schanzen aufgeboten, auch ward die Einquartierung verdoppelt .."
Ein paar Tage später rückten die Franzosen wieder ab und am 16.Februar kamen 10.000 Mann Preußen, Hannoveraner und Hessen ... und marschierten den Franzosen nach, aber ein Teil blieb in der Stadt.










"... den 18.Juni kamen wieder 7000 Mann Franzosen, diese lagen 4 Tage allhier .." dann ging es noch eine zeitlang hin und her zwischen den feindlichen Gruppierunegn, aber  "... am 23.Oktober marschierte der General Chabo und Genaral Peuele in die Stadt, zusammen kamen 4000 Mann ins Winterquartier und lagen hier drei Vierteljahre ...
.. den 9.November ging das Unglück erst recht an; da hatten die Franzosen die Abzeichnung gemacht, die auf der Stadt gänzlichen Ruin hinauslief und fingen wieder an zu schanzen ... da mußten die armen Vorstädter anfangen zu schanzen ..."











"... Die Vogteier haben liefern müssen 15.000 Palisaden und Faschinen, das Eichsfeld ... und alle umliegenden Orte haben über 2 mal Hunderttausend Palisaden und Faschinen schaffen müssen .. und das alles durch Execution und Zwang durch die Husaren ... weil die Leute wegen der vielen Schanzarbeit nicht dreschen konnten, so machten die Mäuse, deren es dieses Jahr sonderlich viel gab, die Früchte in den Scheuern grausam zunichte .."
Fast alle Kirchen wurden als Lagergebäude genutzt und die öffentlichen Gebäude, wie die Brotlaube, das Fleischhaus, die Waage, das Waisenhaus und die Knaben- und Mägdeleinschule wurden für die Einquartierung genutzt.
Die Franzosen beriefen sich darauf, daß sie vom Kaiser in Wien nach Deutschland geholt wurden und sie hier auch für ihre Sicherheit sorgen müßten.












"... der Anfang war am Blobach, da mußten sie einen großen Graben quer über den Weg bis an das Bäckerhaus und vor den Petristeinweg auch ein paar Gräben machen, die waren alle mitFaschinen ausgeführet und mit Palisaden besetzet über Stockwerke hoch und hernach auch Wolfslöcher davor gemacht ... und war unter dem Wächterhäuschen ein Barierthor und vor der Barriere ein spanischer Reiter gemacht.
Da wurden dann die ganzen Stadtmauern durchlöchert, die Thürme zum Schießen zugerichtet, die Gräben rund um die Stadt mit aufgeworfenen Batterien verschanzt und verpalisadirt ...
.. und mußten die Leute alle Hacken und Schaufeln und Grabscheite hergeben ... da wurden 8 Meilen des Weges weit die Leute aufgeboten und zusammengetrieben ... also waren beinahe 2000 Mann da, mußten gewaltig schanzen mit den Bergleuten, die mußten Minen machen auf dem Schießgraben .."











"... den 27. November kam die ganze Macht, die von den Lucknerschen vertrieben wurde, hier an. Da ging das Elend erst recht an, denn die Schanze sollte je eher je lieber fertig werden, da wurden die Leute geprügelt wie die Hunde. Den 2. Dezember kam Gebneral Broglio mit einer erschrecklichen Kriegsmacht hier an ... mit 12.000Mann Franzosen, marschierten aus dem Braunschweigischen ins Hessenland .. die mußten wegen des verschanzten Petristeinwegs durch die Zinkengasse fahren ..
Den 5. Dezember nahmen die Franzosen die schöne Kirche Beatae Mariae Virginis (Marienkirche) auch weg und thaten Heu hinein ... die ward so voll gestopft bis an den Himmel ... das Heu trieben sie zusammen durch die Husaren, das Stroh kam ins Kloster, der Hafer aufs Rathhaus und in die Kirche Antonii und nahmen noch mehr Häuser ein .. "


Wie am Frauentor wurden auch die übrigen inneren Tore - wie das Pfortentor -durch Palisaden und Schanzen geschützt ..
"... unten vor dem Thor ist ein tiefer Graben mit Faschinen und Palisaden besetzet, auf dem große Batterien .. auf dem alten Blobach ist eine Brustwehr ... und die Brustwehr samt dem Grabengehet hinten durch die Gärten hindurch bis in die Ammergasse und hinter den Häusern hinweg durch die Kräuterhöfe bis in die Feldgasse und von da durch die Höfe auf die Burg ...
.. in der Feldgasse, auf der Burg, zu St.Georgii hinten auf dem Graben ist auch alles verwüstet worden .."

" ... 1762 ... dieses Jahr fing noch fürchterlicher an ... alle Kirchthürme in den Vorstadt-Kirchen wurden zugemauert ...das Hospital Margarethen wurde zum Schießen zugerichtet und zu dem Ende alle Fenster ausgehoben ... endlich wurde auch der Petrikirchhof noch verschanzt .. die Toten sollten ausgegraben und in den Teich geworfen werden .. der Kirchhof war aber ellenhoch mit Erde beschüttet ..
... den 1. Mai .. kam Prinz Soubise, der Generalissimus der französischen Armee und besah sich die Schanze, erwies sich aber als sehr mißvergnügt darüber, indem sie mehr zum Ruin der Stadt als zur Vertheidigung war..."
".. den 17. Juni kam schnelle Order, daß die Soldaten abmarschieren sollten ... darauf wurden 500 Wagen gefordert, die mußten alles fortfahren ... Am 22. Juni marschierte das ganze Corps der Franzosen zur Stadt hinaus, einige auf Cassel zum Frauenthor hinaus, ein Theil auf Göttingen ..."










Bis zum 3. August kamen aber immer wieder neue französische Truppen durch die Stadt ...
".. so mußten die Bauern am 31. Juli mit 50 Wagen fortmarschieren ... wie es unseren Wagen und Pferden wird ergehen, weiß man noch nicht ...
.. das übrige das noch hier war, mußte den 3.August auch fort .. dies sind die letzten gewesen, die wir gesehen haben ..."
Am 7.August kamen dann Hannoveraner, die sich hier einquartierten .. ".. es kamen nach und nach 1000 Mann hierher, ... diese waren noch schlimmer als die Franzosen .. mancher Bürger hatte keinen Bissen Brot und sollte es (für die Soldaten) schaffen .. diese lagen hier bis zum 30. August und trieben zusammen was sie konnten ..."














"... um diese Zeit fing man an, die Kirche B.M.V. wieder zu reinigen und auszubessern ... Es war zwar ein fruchtbar Jahr, aber es half den Armen nicht viel .. und hat der Krieg viel Unheil nach sich gezogen .."




1763 waren es dann überwiegend preußische Truppen, die hier durchzogen oder sich einquartierten und auch diese Truppen verlangten Kost und hohe Contributionsgelder. In der Chronik lesen wir weiter:
"... den 24. Februar marschierte alles ab... Den 25. wurde mit der Trommel ausgerufen, daß nunmehr der Friede publicirt wäre, mithin niemand weiter was von der Stadt und Bürgerschaft zu praetendiren hätte .... aber wir hatten immer noch Trubel von Soldaten, bald Preußen, bald Hannoversche, bald Braunschweigische, bald Hessen, es ging alles untereinander ... es war ein übler Zustand und wollte kein Ende nehmen, auch noch da wir das Friedensfest gehalten hatten...
... den 14. April aber ward uns ein Tag, den der Herr gemacht hatte ..."
Der Rat ordnete ein Friedensfest an, das in allen Kirchen der Stadt und in den Dörfern mit Glockenläuten, Kanonenschüssen, Gesang gefeiert wurde und es war den Erwachsenen und den Kleinen erlaubt zu tanzen ..













Die Stadt und die Bürger hatte unter dem Krieg sehr gelitten. 
"... denn es war damals so bewandt, daß manchem der Krieg alles in die Hände spielte, andere hingegen wurden zugrunde gerichtet ..." und abschließend schreibt der Schuhmachermeister Sellmann:
"...Summa, es ist alles verwüstet, ... es war mit jämmerlichen Augen anzusehen, daß alles mußte ruiniert werden .."
Aber auch diese Zeit ging vorbei und so heißt es dann später: "... auch wurden die Schanzen abgerissen und alles wieder eben gemacht. Die Palisaden wurden nummeriert und hundertweise verauctioniert, ingleichen die Barrieren, Schilderhäuser und Raufen .."





In den folgenden Jahren berichtete die Chronik wie immer von gutem oder schlechten Wetter, von guten oder schlechten Ernten und im Jahre 1769 von einem großen Kometen, der wieder mal ein Unglück ankündigte.
Keine fünfzig Jahre später kam dann die bisher Freie Reichsstadt zum Königreich Preußen und 1802 zogen erneut die preußischen Truppen ein ..., die aber dann für immer blieben ... Mühlhausen wurde preußische Garnisonsstadt .. Nur als Festung wurde sie nie wieder ausgebaut ..




Natürlich konnte nicht der ganze Originaltext der Chronik aus den Jahren 1756 bis 1763 hier gebracht werden, aber Smiley denkt, daß trotzdem ein kleiner authentischer Einblik in die Zeit gegeben wurde.., als Mühlhausen Festung werden sollte ..

Freitag, 22. Juli 2011

1) MHL-Geschichte neu ..??

Hallo Mühlhausen-Freunde ...
.. Smiley hatte die Bloggerseite "Mühlhausen-Geschichte und mehr" auf etwa 100 Beiträge begrenzen wollen ... und da jetzt ein neues Format vorgeschlagen wurde, wird einfach mal eine neue Blogger-Seite eingerichtet ..
.. und hier ist sie ... unter > Mühlhausen - Geschichte und so weiter .. < - geht es munter weiter.


Auch im zweiten Teil der Blogger-Seite über die Geschichte unserer Stadt soll es natürlich weitere Blogspot-Seiten geben (falls nicht irgendwann die Themen oder die Bilder ausgehen) ..
und ebenso natürlich bleibt ja noch der erste Teil von "Mühlhausen-Geschichte und mehr", der mit seinen jetzt fast 100 Beiträgen ganz leicht unter > http://mühlhausen.info < zu erreichen ist.
Im Post Nr. 1 von "Mühlhausen - Geschichte und mehr" ist auch das Verzeichnis aller dort bisher erschienenen Beiträge enthalten.

Beginnen möchte ich mit einigen eigenen Aquarellen mit bekannten und weniger bekannten historischen Motiven, wie hier vom inneren und mittleren Frauentor um 1800.
Das innere Frauentor führte zur Kirche unserer lieben Frauen - der Marienkirche - und war ursprünglich ein mehrgeschossiger hoher Turm. Beim Holzgassenbrand von 1649 wurde das Tor stark beschädigt und 1654/55 in der heutigen Form erneuert.
Das mittlere Vortor wurde 1830 abgebrochen. Links im Bild sind noch der Rabenturm und der Hospitalturm am Hirschgraben zu sehen.
Der zweite Teil der mühlhäuser Geschichte soll nach wie vor Beiträge zu verschiedenen geschichtlichen Themen bringen und wenn Smiley der Statistik glauben darf, sind bereits zigtausende, die sich die bisgerigen Beiträge angesehen haben. Einige ganz Schlaue haben die einzelnen Beiträge ausgedruckt und sich so ein kleines Geschichtsbuch über unsere Stadt geschaffen
So ist auch der Hirschgraben ein Zeugnis der Geschichte der Stadt und zeigt noch heute mit Wall und Graben die alte Befestigungsanlage, die sich früher so fast um die gesamte innere Stadtmauer zog.
Im Hirschgraben wurden im 17.Jahrhundert zwei Hirsche gehalten, welche die Stadt vom Herzog von Gotha geschenkt bekam.
Das innere und mittlere Erfurter Tor wurden 1841 abgebrochen und nach und nach verschwanden im 19. Jahrhundert bis auf das innere Frauentor die übrigen Tore der Innenstadt.
Mit dem Übergang der bisher Freien Reichsstadt an Preußen im Jahre 1802 waren die Befestigungsanlagen und Zollkontrollen an den Toren hinfällig geworden. Die inneren Tore wurden aber trotzdem Abends noch geschlossen und wer später kam mußte ein Torgeld bezahlen. Die Bürger begrüßten deshalb überwiegend den Abbruch.
So verschwanden nach und nach neben dem Erfurter Tor das Neupfortentor, das Felchtaer Tor, das Görmartor, das Burgtor und als letztes das Pfortentor.
Auch die Wallanlagen wurden bis auf den Hohen Graben und den Hirschgraben eingeebnet und zu Grünanlagen umgestaltet.

Von den ehemals neun Toren der äußeren Stadtbefestigung gibt es heute nur noch das äußere Frauentor.
Von hier führte früher der alte Hessenweg am Galgenberg (dem heutigen Schützenberg) vorbei zur Pfafferöder Höhle und über den westlichen Tonberg in Richtung Eigenrieder Warte.
Erst Anfang des 19.Jahrhunderts löste dann die neue Chaussee nach Wanfried den alten Hessenweg ab.
Hier beim äußeren Frauentor tritt die Breitsülze in die Vorstadt ein, die 1292 von der Quelle bis hier mit einem Minimalgefälle um die Berge und Täler herum geführt wurde um die Neustadt mit Wasser zu versorgen.






VomWagenstedter Tor mit der gleichnamigen Brücke führten früher verschiedene Landstraßen nach Norden und Osten.
So die Straße durch die Füllscheuer über Reiser (mit der Burg Tutensode) in Richtung Westharz, die Straßen über den Forstberg zum Ostharz und die Straße über Grabe in Richtung Sondershausen.
Im 16. Jahrhundert war neben dem Tor die städtische Abdeckerei entstanden und das Tor wurde dann oft als Schindertor bezeichnet.
Das Tor wurde 1862 abgebrochen, die alte Wagenstedter Brücke wurde aber erst Anfang des 20.Jahrhundert durch eine neue Brücke ersetzt.

Das äußere Erfurter Tor stand am Ende der Langensalzaer Straße und von hier führten die Landstraße durch die Erfurter Höhle in den Süden und über den Schadeberg in den Südosten.
Schon Ende des 18. Jahrhunderts wurde die äußere Stadtbefestigung teilweise abgebrochen und die davor befindlichen Gräben nach und nach verfüllt. 1823 verschwand dann auch das äußere Erfurter Tor und bis Ende des Jahrhunderts entstanden auch hier vor der früheren äußeren Stadtmauer neue Straßen..




Ein ähnliche Entwicklung zeigte sich auch in der Nikolaivorstadt. Hier führte das frühere äußere Felchtaer Tor ursprünglich über den Spielberg nach Felchta und über die Vogtei in Richtung Eisenach.
Das ursprünglich hohe Tor war um 1700 teilweise abgetragen worden und wurde 1825 abgebrochen. Bald darauf entstand die neue Chaussee nach Wanfried und die Straße ".. bis ans oberste Felchtenthor .." erhielt ihren heutigen Namen.
Erst Ende des 19.Jahrhunderts entstanden auch in der Nikolaivorstadt zahlreiche neue Straßen und aus der kleinen Ackerbürgerstadt wurde eine kleine Industriestadt.


.. So .., das war erst einmal der Neustart der Mühlhausen-Geschichte -Teil 2 ...
.. mal sehen, ob die neue Seite ebenso viel Zuspruch findet wie der Blog "Mühlhausen-Geschichte und mehr" ..
.. der natürlich weiter über > www.mühlhausen.info < zuerreichen ist ..
.. also bis auf weiteres 
.. ihr Günter Körber

P.S.: ... und hier, wie zugesagt die Zusammenstellung der neuen Beiträge in "Mühlhausen - Geschichte und so weiter" ..
.. eine Aufstellung.., die laufend ergänzt werden soll:

o7/11 ... 1) MHL-Geschichte neu ..??
07/11  .. 2) Festung Mühlhausen
12/11 ...  3) Claes & Flentje Mühlhausen.., endgültig Geschichte ..
01/12 ...  4) Mühlhäuser Straßengeschichte
01/12 ...  5) Tonbergstraße
01/12 ...  6) An der Burg
02/12 ...  7) .. der Untermarkt
03/12 ...  8) Wanfrieder Straße
06 - 07/12 ... 9) - 14) Straßen in und um Mühlhausen .. Teil 1 - 6